2006 – 2016: Eine Dekade SoT

Im Jahr 2006 gingen die ersten „Summer of Tuning“-Videos online. Damals wußte niemand, wo die Reise hingeht. Alles steckte noch in den Kinderschuhen. Rückblickend fällt aber vor allem eines auf: Die Welt war vor zehn Jahren eine völlig andere…

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Als meine damaligen „Tuning-Buddies“ und ich im Jahre 2006 beschlossen, unsere eigenen Autos „in Action“ zu filmen, liefen die Uhren noch anders. Klar, ich bin jetzt fast 35. Da sieht man eh alles nostalgisch und das „früher war alles besser“-Syndrom macht sich mehr und mehr bemerkbar. Aber ich will gar nicht behaupten, dass alles besser war. Vieles war auch beschissener. Gerade in technischer Hinsicht.

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Die digitale Steinzeit

2006 ist eigentlich gar nicht so lange her. Dennoch gab es im alltäglichen Gebrauch weder HD-Auflösung noch Smartphones. Anstelle von flächendeckendem Wi-Fi zu profitieren, kämpften viele mit ihren langsamen ISDN- oder gar ihren damals schon völlig veralteten Modem-Internetzugängen. YouTube-Videos hatten eine schreckliche Auflösung und mussten bei den meisten Leuten trotzdem ständig nachladen.

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Die allseits beliebte Datenkrake Facebook war schon am Start. Aber das interessierte hierzulande noch eine ganze Weile niemanden. Die Online-Welt funktionierte auch mit Foren und kleineren SocialMedia-Portalen wunderbar. Man war ja eh nur online, wenn man an einem Rechner saß oder den Laptop auf dem Schoß hatte. Die 24/7-Dauerbespaßung mit Fotos, Videos, Musik und Hetzartikeln war Zukunftsmusik. Meiner Meinung nach hatte das sehr wohl Vorteile. Denn auch, wenn ich damals verwackelte Amateurvideos mit mieser Auflösung produzierte, wurden sie beachtet. Es gab einfach noch kein Überangebot.

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Die ersten Schritte

Als der gute alte Canon-Camcorder schließlich zum ersten Mal bei der Fahrt zu einem Event auf der Rückbank gelegen und ich mehr oder weniger spontan das erste SoT-Eventvideo gefilmt hatte, fand das Machwerk tatsächlich ein Publikum. Auch, wenn das verfilmte Event (damals durfte man noch „Treffen“ sagen) eher unbedeutend und „Summer of Tuning“ nur ein Gag-Name innerhalb unserer Clique war. In der Woche gingen halt keine 23736353453 anderen Autovideos online. So konnte das Hobbyprojekt schnell wachsen und schließlich irgendwann sogar bierernst werden.

Vw Golf IV Sven Schulz 2013

„XXX Photography“ No. 12615

Betrachtet man die Situation heutzutage, merkt man schnell, dass sich etwas geändert hat. Es gibt zum Beispiel 182522627287289 Facebookseiten, die der Fahrzeugfotografie gewidmet sind. Ein Großteil der Seitenbetreiber fotografiert dabei höchstselbst. Viele sind auch total begabt. Aber jeder Tuningenthusiast kann nur einen Bruchteil der medialen Berieselung verarbeiten, der er tagtäglich ausgesetzt ist. Das hat zur Folge, dass leider so manches Talent unbeachtet bleibt. Ich will mich nicht schon wieder wie ein alter Knacker anhören, aber „das gab’s zu unserer Zeit nicht!“ 🙂

Selected Car Show, Flanders Expo, Gent, Belgium

Fortschritt mit Vorteilen

Insgesamt betrachtet hat die technische Entwicklung natürlich deutlich mehr Vor- als Nachteile. Klar, man ist 2016 einem ständigen Überangebot an Informationen ausgesetzt. Aber dafür trägt man ja selbst die Verantwortung. Und wer schaut schon gerne mit mieser Internetverbindung verpixelte YouTube-Videos? Dass heute selbst Smartphones hochwertige Aufnahmen machen können ist aus Sicht des Jahres 2006 blanker Wahnsinn. Und auch aus der Perspektive eines Schraubers hat der Fortschritt viele Vorteile.

VW, Golf, Mk5, BenGee, Iron Man, Rad 48, European Tuning Showdown

Natürlich gab es eBay und Co. Auch schon vor einer Dekade. Aber jetzt mal ganz vom Tuningaspekt abgesehen waren geil aufgebaute Ersatzteilsuchmaschinen wie Teilesuche.net (im Link die Kategorie „BMW“ als Beispiel) damals eher Mangelware. Heute ist man daran gewöhnt, jederzeit alles durch fundierte Recherche hinterfragen zu können und immer einen noch besseren Preis zu erGOOGLEn. Es sind weitaus mehr Infos verfügbar als vor zehn Jahren.

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Auch mit ganz speziellem Autozubehör verhält es sich ganz ähnlich. Wer sich zum Beispiel nicht 100% auf seinen örtlichen Reifenhändler verlassen kann (oder möchte), kann heutzutage im Netz problemlos seinen Wunschreifen finden. Mit ReifenRudi.de ist da zum Beispiel ein spezialisiertes Portal in Vorbereitung, was nach allem, was ich gehört habe, bei der Pneusuche keine Wünsche offen lassen dürfte. Das Ganze ist noch nicht am Netz, sollte aber von jedem, der hin und wieder Reifen braucht, schonmal gebookmarkt werden. Die Liste an für die Tuningszene relevanten Entwicklungen in der letzten Dekade ließe sich beliebig erweitern. Aber wie ihr merkt, bin ich komplett vom eigentlich geplanten Thema „Eine Dekade Summer of Tuning“ abgekommen. Und wenn wir jetzt gerade beim Wörtchen „Tuning“ sind…

BMW, E21

TUNING: Ein No-Go?

Was mir rückblickend extrem auffällt, ist der stark veränderte Umgang mit dem Wort „Tuning“. Vor zehn Jahren wurde damit noch völlig hemmungslos um sich geworfen. Alles war Tuning, jeder war Tuner. Ich nehme heute mit Sorge wahr, dass „Tuning“ von leidenschaftlich Fahrzeuge modifizierenden Leuten oft in verunglimpfenden Zusammenhängen verwendet wird und generell „uncool“ ist. Manche Ansichten kann ich dabei auch irgendwie nachvollziehen. Wenn das Wörtchen allerdings schon seit Jahren Teil des eigenen Markennamens ist, findet man diese Entwicklung natürlich nicht so geil.

VW Caddy, Michael Korek, VW Speed

Summer of Tuning

Als ich damit begonnen habe, diesen Text zu schreiben, wusste ich nicht genau, in welche Richtung er gehen würde. Ich wollte einfach einen Blick auf das Jahr 2006 werfen. Das Jahr, in dem für mich alles begann. Und während mir beim Texten nach und nach für den Artikel relevante Dinge einfielen, habe ich mich jetzt irgendwie recht wenig mit dem eigentlichen Thema „Summer of Tuning“ beschäftigt. Aber die meisten von euch wissen ja: SoT ist noch immer in erster Linie mein Videolabel. Daran hat sich in der letzten Dekade nicht viel geändert. Die Fotos auf der SoT-Facebookseite dienen nach wie vor nur der Bespaßung der Follower. Schließlich kann ich nicht jeden Tag 2 Videos raushauen.

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Ich habe also nach wie vor keine Ambitionen, mich als „Fotograf“ zu bezeichnen. Es gibt da draußen so viele begabte Leute, denen ich beim Knipsen (und vor allem dem Nachbearbeiten) nicht das Wasser reichen kann, dass ich mich lieber auf meine Videoarbeiten, das Betreuen von Facebookseiten und das Verfassen von Texten konzentriere. Aber ich benötige halt auch abseits von Facebook ständig Fotos. Zum Beispiel auch für diesen Artikel. Also werde ich auch weiterhin nicht ohne Knipsen auskommen.

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Wenn ich im Jahr 2026 den Artikel „20 Jahre Summer of Tuning“ verfasse, werden Videos in 10K-3D-Auflösung und in den Schädel implantierte Smartphones am Start sein. 2016 wird rückblickend wie die Steinzeit anmuten. Auch der Automobilsektor wird sich stark verändert haben. Aber selbst, wenn dann jeder ein Elektroauto fährt: Auch die kann man modifizieren. Also wird es für mich auch weiterhin etwas zu tun geben. Stay TUNED!

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